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Sammelzezension zu: Erdogan: Avantgarde der Computernutzung & Schmitt: Digitalisierung der Kreditwirtschaft

In der aktuellen Ausgabe „Medienwissenschaft“ (Heft 2/2023) ist eine Sammelrezension zur Digitalgeschichte enthalten. Stefan Udelhofen, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn, widmet sich darin drei Dissertationen zur Geschichte der Digitalisierung in Deutschland. Darin werden gleich zwei Bücher aus unserer Gruppe gemeinsam besprochen: „Avantgarde der Computernutzung“ von Julia Erdogan und „Die Digitalisierung der Kreditwirtschaft“ von Martin Schmitt. Ergänzt wird dies durch die Dissertation von Matthias Röhr: „Der lange Weg zum Internet„.

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Rezension zu: Martin Schmitt, Die Digitalisierung der Kreditwirtschaft

Im November 2021 erschien die Dissertation von Martin Schmitt, „Die Digitalisierung der Kreditwirtschaft. Computereinsatz in den Sparkassen der Bundesrepublik und der DDR“ im Wallsteinverlag. Inzwischen erscheinen die ersten Besprechungen zum Buch. So steigt Christopher Kopper, Wirtschaftshistoriker an Universität Bielefeld, in seiner Rezension bei SEHEPUNKTE damit ein, dass der „Titel dieser Dissertation … sehr viel spezieller [klingt], als das Thema tatsächlich ist“. Demgegenüber stellt fest: „In der deutschsprachigen Forschung ist Schmitts Buch die erste monographische Publikation über die Technik- und Wirtschaftsgeschichte der Digitalisierung.“ Lesen Sie die komplette Rezension auf http://www.sehepunkte.de/2022/10/36574.html

Mann vor Computer im Rechenzentrum einer Sparkasse

Ein Digitales Zeitalter? Über Digitalität, historische Periodisierung und den 1.1.1970

In der letzten Dekade kam ein frischer Wind in die zeithistorische Periodisierungsdebatte. Während sich die historische Zunft noch auf kein Enddatum eines 20. Jahrhunderts einigen konnte, beispielsweise auf ein „kurzes 20. Jahrhundert“ mit dem Ende des Ostblocks 1989-1991, fordern zwei Zäsuren das Jahrhundertdenken an sich heraus: Das Anthropozän (um 1950) und der Strukturbruch (um 1970). Beim Anthropozän wird argumentiert, dass sich eine neue erdgeschichtliche Epoche mit dem Menschen als dominantem Faktor ausmachen lässt, der gleichzeitig den negativen Konsequenzen seines eigenen Handelns unterworfen ist (Trischler/Will 2019). Auch naturwissenschaftliche Beiträge treiben die Diskussion an. In der Debatte um den Strukturbruch argumentierten Anselm Doering-Manteuffel und Lutz Raphael (2008, 2014), dass sich Anfang der 1970er-Jahre in den westlichen Industriestaaten ökonomische, soziale und politische Entwicklungen bündelten, was zum Ende der Ordnung des Nachkriegsbooms führte. Seitdem wurde ihr Befund vielfach problematisiert und differenziert. In der gesamten nachfolgenden Debatte ging dabei zumeist unter, dass beide Zäsuren fundamental mit informationstechnologischem Wandel in Verbindung standen. Diesem Wandel habe ich in meinem Vortrag an der HU Berlin im Forschungskolloquium Digital History nachgespürt und dabei Ergebnisse unsere Projektes und meiner Dissertation vorgestellt. Mein Kernargument ist, dass sich in der Zeit um 1970 zahlreiche digitalhistorische Entwicklungslinien verdichteten, sodass sich fortan von einem „Digitalen Zeitalter“ sprechen lässt.

Zum Abstract und zur Aufzeichnung des Vortrags „Ein Digitales Zeitalter?“ an der HU-Berlin, Forschungskolloquium der Professur für Digital History

Bildrechte: Deutscher Sparkassen- und Giroverband (DSGV), 1963

Julia Gül Erdogan im „Science S*heroes“-Podcast

Nerds, Haecksen, Wizards – Stereotype und Rollen in der Hackingkultur. Der Wissenschaftspodcast „Science S*heroes“ sprach für seine aktuelle Episode mit Dr. Julia Gül Erdogan über ihren Weg in die Wissenschaft und ihre Forschung zu Stereotypen und Rollen in der Hackingkultur.

Im vergangenen Jahr erschien von Julia Gül Erdogan ihre Monografie „Avantgarde der Computernutzung“, eine historische Analyse zur Entstehung der Hackerkulturen in Ost- und Westdeutschland. Julia Gül Erdogan ist heute Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte der TU Darmstadt und forscht dort im DFG-Projekt „Die Geschichte der Industrie 4.0. Fabrikkonzepte der Ingenieurwissenschaften in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts“. (via TU Darmstadt)
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Preisrede von Dr. Martin Schmitt auf dem FIfFkon2021

Weizenbaum Studienpreis 2021 (3. Preis) für Martin Schmitt

Martin Schmitt (TU Darmstadt & ZZF Potsdam) erhält den Weizenbaum Studienpreis 2021 des Forums der InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V. (3. Platz). Ausgezeichnet wird seine Dissertation „Die Digitalisierung der Kreditwirtschaft. Computereinsatz in den Sparkassen der Bundesrepublik und der DDR, 1957-1991“. 

Die Jury hob vor allem die kritische Perspektive Martin Schmitts auf die Geschichte der Digitalisierung hervor, welche die Arbeit besonders auszeichne. Laudator Rainer Rehak fasste zusammen, wie Martin Schmitt in großer Länge die ambivalente Entwicklung der Digitalisierung der Kreditwirtschaft nachzeichnete. Die Länge der Arbeit halte dabei nicht vom Lesen ab, so Reha stellvertretend für die prominent besetzte Jury, sondern erlaube durch das intensive Quellenstudium und die Berücksichtigung auch internationaler Entwicklungen einen tiefgehenden und umfassenden, gut lesbaren Überblick über eine Prozess, der bis in die informationstechnische Gegenwart reiche.

Logo des Weizenbaum Studienpreises mit Darstellung von Joseph Weizenbaum
Weizenbaum Studienpreis des FIfF

Das FIfF stiftet den Weizenbaum-Studienpreis in Erinnerung an den Wissenschaftler und Informatik-Pionier Professor Dr. Joseph Weizenbaum in Würdigung seiner Verdienste um einen kritischen Blick auf die Informatik. Joseph Weizenbaum war an der Gründung des FIfF maßgeblich beteiligt, wirkte lange Zeit im Vorstand mit und trug durch seine wissenschaftlichen Leistungen und seine anti-militaristische und friedensorientierte Haltung zu den Zielen des FIfF bei.

Mit der Vergabe des Preises möchte das FIfF auch die Bedeutung der Informatik für die gesellschaftliche Entwicklung betonen und auf die kritische, öffentliche Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen und Artefakten der Informatik dringen. Mit dem Weizenbaum-Studienpreis würdigt das FIfF herausragende Leistungen des wissenschaftlichen Nachwuchses in diesem Bereich und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf das Thema sowie die besonderen Leistungen des Autors bzw. der Autorin lenken.

Das Forum InformatikerInnen für den Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V. (FIfF) „wurde 1984 – also vor mehr als 30 Jahren – aus einer historischen Situation heraus gegründet, als es galt, das Schweigen einer Zunft zu brechen, die so maßgeblich an der Entwicklung automatisierter und informatisierter Kriegsführung beteiligt war. Die Gründungsmitglieder leisteten dem NATO-Doppelbeschluss offen Widerstand, sie wollten die Informations- und Kommunikationstechnologie vor allem als Mittel der Völkerverständigung genutzt wissen.“ Kurz: Das FIfF setzt sich dafür ein, dass Informationstechnik im Dienst einer lebenswerten Welt steht.

Martin Schmitt erhält Weizenbaum Studienpreis 2021 (3. Platz); Laudator Rainer Rehak
PreisträgerInTitel der Arbeit und LinkHochschule
1Hendrik HeuerUsers & Machine Learning-Based Curation SystemsUniversität Bremen
 2Helene HahnDigital identification systems and the right to privacy in the asylum contextLeuphana Universität Lüneburg
3Silke MeiserTrust me! Vorschlag zum Umgang mit der Vertrauensfrage im digitalen ZeitalterCarl von Ossietzky Universität Oldenburg
3Martin SchmittDie Digitalisierung der KreditwirtschaftUniversität Potsdam
Die vier PreisträgerInnen mit Link auf die Arbeiten. Quelle: FIfF

Text: Martin Schmitt / FIfF
Fotos: Martin Schmitt / FIfF

Dr. Martin Schmitt im Interview mit Sven Vößing auf der B3 Biennale des Bewegten Bildes 2020 in Frankfurt: "Games. Political and cultural influence of the Eastern Block computing"

„Politische und kulturelle Einflüsse auf die Geschichte der Digitalisierung im Ostblock“ – ein Interview mit Dr. Martin Schmitt auf der B3 Biennale 2020

Computerspiele verbreiteten sich in den 1980er-Jahren auch im Ostblock rasant. Sie wurden zu einem Medium der Selbstverwirklichung und Freiheit in den strikten sozialistischen Regimen. Was aber war der breitere historische Kontext dieser Entwicklung? Dr. Martin Schmitt geht in seinem Interview auf der B3 Biennale des Bewegten Bildes in Frankfurt den politischen und kulturellen Einflüssen nach, die auf die Computerspielentwicklung und die breitere Digitalgeschichte des Ostblocks wirkten. Das Interview war Teil einer Reihe von Interviews zu Computerspielen hinter dem Eisernen Vorhang.

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25 Jahre Computer & Museum

Vor 25 Jahren wurde in Hoyerswerda das Zuse-Computer-Museum aus der Taufe gehoben. Dies feiert das Museum in einer Festveranstaltung am 19. September 2020 mit zahlreichen namhaften Rednern, darunter Eva Kudrass vom Deutschen Technikmuseum Berlin und Martin Schmitt aus der ZZF-Projektgruppe. Die Sammlung des Museums umfasst zahlreiche voll funktionsfähige programmgesteuerte und frei programmierbare Rechenmaschinen wie die Z11 oder die Z22 sowie die Peripherie und originales Schriftgut, Kunstwerke zu den herausragenden Exponaten der Sammlung. Zum Programm:

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„Home Computer Cultures and Society Before the Internet Age“

Aus dem Workshop zu Computersubkulturen, der in Zürich am 24. und 25. März 2017 stattfand, ist nun eine Publikation hervorgegangen. In einer Sonderausgabe der open access Medienzeitschrift WiderScreen befassen sich verschiedene ForscherInnen mit Nutzerkulturen, die im Zeitalter der Heimcomputer entstanden sind. Schwerpunkte der Beiträge liegen auf regionalen Ausprägungen und transnationalen Verbindungen, Kommunikationspraktiken der frühen Online-Welten sowie auf den Wechselwirkungen zwischen NutzerInnen und Industrie.

Special Issue 2–3/2020 WiderScreen 23 „Home Computer Cultures and Society Before the Internet Age“

Bild/Frontcover: Main menu of BBS BCG-Box, source: Ville-Matias Heikkilä / Skrolli. Part of Nordisk Dator cover, source: slengpung.com.

Ausschnitt des Mosaiks von Fritz Eisel, „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ Wissenschaftler vor technischen Bedienelementen

Die Geschichte des Potsdamer Rechenzentrums: Sozialistische Computernutzung und die Digitalisierung in Ostdeutschland

Auf welcher Nutzungsidee basierte der Bau des einst „Datenverarbeitungszentrums“ genannten Baus? Welche technologischen und gesellschaftlichen Konzpete lagen diesem zu Grunde? Martin Schmitt wirft in seinem Beitrag einen technikhistorischen Blick auf den politisierten Ort: „Die Geschichte des Potsdamer Rechenzentrums: Sozialistische Computernutzung und die Digitalisierung in Ostdeutschland“ auf lernort-garnisonkirche.de/?p=456

 

Zeitzeuge Jitze Couperus um 1965 an der ICT 1500 sitzend.

Geschichte der Digitalisierung in Afrika – die Anfänge

Ein Großteil der Studien in der Digitalgeschichte widmen sich den Industriestaaten. Bereits zu den ehemaligen sozialistischen Staaten gibt es deutlich weniger Forschung. Staaten des globalen Südens fallen dabei mit einigen bekannten Ausnahmen unter das Radar. Die Unterrepräsentation solcher Staaten unterstützt das Bild von Afrika oder Lateinamerika als rückständig. In einem Blogbeitrag gibt nun ein ehemaliger Mitarbeiter der britischen ICT Einblicke in den faszinierenden Beginn der Digitalisierung auf dem afrikanischen Kontinent.

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